Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften

Stephan Landshuter M.A.

Titel und Abstract des Dissertationsprojektes

Literatenkorrespondenzen im «Realismus»: Die Briefwechsel C. F. Meyers mit Hermann Lingg und Paul Heyse: historisch-kritische Edition mit Kommentar und Auswertung.

Betreuer: Prof. Dr. Wolfgang Lukas (Universität Wuppertal) / Prof. Dr. Sabine Schneider (Universität Zürich)

Zu den interessantesten Schriftsteller-Briefwechseln aus Meyers Korrespondenzen gehören zweifellos diejenigen mit den in München lebenden Autoren Hermann Lingg (1820–1905) (154 überlieferte plus 45 erschlossene Briefe, 1874–1896) und Paul Heyse (1830–1914) (65 überlieferte plus 28 erschlossene Briefe, 1878–1891), die bislang nur unzureichend ediert sind (s. die unkommentierte Briefausgabe Adolf Freys von 1908, in der im Wesentlichen nur Briefe von Meyer aufgenommen sind, sowie die Apparatteile der «Sämtlichen Werke», in denen Teildrucke einzelner Briefe enthalten sind).Während der vor allem als Lyriker seinerzeit hochgeachtete Lingg eher eine Randposition im damaligen literarischen Feld einnimmt, ist im Fall Paul Heyses unbestreitbar, dass es sich bei ihm um eine zentrale und dominante Figur der Literaturszene in der Epoche des «Realismus» (ca. 1850 bis ca. 1890) handelt: Er unterhielt als hochproduktiver «Dichterfürst» viele intensive Briefwechsel mit anderen Autoren (z.B. Keller, Storm, Fontane) und wurde später, als erster (reiner) Literat deutscher Sprache, mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.Dass Meyers Korrespondenzen mit Lingg bzw. Heyse in einem Projekt ediert werden, ist nicht nur wegen der gemeinsamen Kommunikationsachse Zürich–München naheliegend, sondern auch wegen der persönlichen Nähe Linggs und Heyses, die Meyer dazu veranlasst, oftmals einem der beiden Grüße für den jeweils anderen bestellen zu lassen und Lingg einige Male sogar als Überbringer kleinerer literarischer Arbeiten zu nutzen. Zudem war es Lingg, der Heyse als erster auf Meyers Lyrik aufmerksam machte.Während Lingg und Meyer nach anfänglicher Devotheit des letzteren rasch als auf gleicher Stufe stehende enge Freunde miteinander kommunizieren, die eine tiefe gegenseitige Sympathie verbindet, steht es bei der Kommunikation mit Heyse diffiziler: Meyer erhofft sich von dieser literarischen Ikone der damaligen Zeit vermutlich eine Statusaufwertung im literarischen Feld, was partiell auch gelingt, da Heyse v.a. den «Jürg Jenatsch» und Meyers Gedichte hoch bewertet. Doch bleibt Meyer bei aller Bewunderung und Sympathie für Heyse immer in der Reserve bis hin zur rheto­rischen Unterwürfigkeit, und auch Heyse äußert sich Meyer gegenüber nicht in gleich ungezwungener Weise wie in seinen Briefen an Storm oder Keller.Die Erschließung dieser beiden Briefwechsel soll einen wesentlichen Baustein für die Rekonstruktion des episto­laren Netzwerks von Schriftstellern zur Zeit des «Realismus» liefern, wie sie bereits durch andere Editionen einschlägiger Briefwechsel (Storm–Heyse, Storm–Keller, Storm–Fontane, Heyse–Auerbach, Keller–Heyse, Fontane–Heyse, Meyer–Keller etc.) begonnen wurde. In all diesen Schriftsteller-Korrespondenzen geht es auch um die jeweilige Positionierung der Autoren im zeitgenössischen literarischen Feld. Meyer, der zur Zeit der jeweiligen Kontaktaufnahme mit Berühmtheiten wie Lingg und Heyse noch kein arrivierter Autor ist, muss sich seinen Platz in der Welt der Literaten erst erkämpfen.Die Ziele dieses Promotionsprojekts:

  • die Briefwechsel Meyers mit Lingg und Heyse erstmals vollständig nach den Maßgaben der bestehenden historisch-kritischen Ausgabe «C. F. Meyers Briefwechsel» zu edieren
  • diese Korrespondenzen mittels Einzelstellenerläuterungen ausführlich zu kommentieren
  • die Selbstpositionierung Meyers im literarischen Feld anhand dieser beiden Briefwechsel aus literatursoziologischer Perspektive nachzuzeichnen.

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