Kathrin Nühlen M.A.
Titel und Abstract des Dissertationsprojektes
Auf dem Weg zum Medium Film. Strukturen und Autorstrategien der medialen Eigenadaption zur Zeit des Stummfilms in der Klassischen Moderne.
Betreuer: Prof. Dr. Wolfgang Lukas (Universität Wuppertal) / Prof. Dr. Ursula von Keitz (Filmuniversität Potsdam-Babelsberg Konrad Wolf)
Die Pionierjahre des (Stumm-)Films fallen in den Zeitraum der Klassischen Moderne, wobei die Sehgewohnheiten und Erwartungen der Rezipienten durch die tradierten Formen szenischer Darstellung im Theater vorgeprägt sind. Ab ca. 1908 wird mithilfe der Adaption von Erzählstrukturen bzw. -stoffen versucht, eine Integration des neuen narrativen Mediums in die bürgerliche Kultur sowie eine Annäherung an traditionelle Erzählformen zu erwirken. Die Bedeutung und Möglichkeiten des Filmmediums, aber auch seine medienspezifischen Vermittlungsweisen, entwickeln sich mit der Zeit weiter. Die Herausforderung in den Folgejahren besteht in der Ausbildung einer genuin kinematographisch anerkannten Ästhetik, wodurch der Film zur etablierten Literatur aufschließen soll. Bekannte zeitgenössische Schriftsteller (darunter u. a. Arthur Schnitzler) arbeiten oftmals als ‚Stofflieferanten‘ mit der Filmindustrie zusammen – nicht zuletzt aus ökonomischem Interesse. Dabei entstehen nicht nur originäre Filmstoffe, sondern die filmischen Produzenten setzen besonders auf erfolgreiche literarische Werke und damit verbunden auf populäre Autoren. Doch im Film muss auf andere Art erzählt werden als in einem literarischen Text, um letztlich eine in sich stimmige, verstehbare homogene ‚Welt‘ zu erschaffen. Genau bei diesem Schnittpunkt, im Übergang vom Medium Text zum Medium Film, knüpft die Dissertation an: Analysiert werden die Strategien der Stofftransponierung von Autoren der Klassischen Moderne bei Eigenadaptionen. Was geschieht mit dem Stoff? Erfährt er durch den Autor eine Neuinterpretation oder bleibt es bei einem hohen Maß an Textidentität? Wie wird der Stoff in der dramatischen bzw. epischen Formstruktur und wie unter Berücksichtigung der besonderen filmischen Gesetzmäßigkeiten dargestellt? Arbeiten die zeitgenössischen Autoren nach ähnlichen filmästhetischen Prinzipien oder differiert ihre Vorgehensweise? Diese und weitere Fragen gilt es zu klären, wobei z. T. erstmalig Stummfilmskripte zu edieren sind.